Die Prozesse der Anlage beinhalten somit unter anderem die Vorbereitung des Kunststoffgranulats für den 3D-Druck, die Ausrüstung und Kalibrierung des 3D-Druckers, Inline-Qualitätskontrollen während der additiven Fertigung, gravimetrische, optische und mechanische Validierung, Dekontamination sowie Handling und Einlagerung der Implantate. Letztendlich wird so ein personalfreier 24/7 Betrieb ermöglicht, der nur noch seltene regelmäßige Kontrollen durch Personal erfordert. Solch eine skalierbare, vollautomatisierte, cloudbasierte Produktionsanlage für additiv gefertigte, individuelle, medizinische Implantate wurde bisher noch nie aufgebaut. Gemeinsam mit unserem Partner BellaSeno setzen wir, vom Fraunhofer IPT, damit in diesem Bereich einen neuen Maßstab.
Wie werden die Polymerstrukturen für die Implantate in der neuen Anlage gefertigt?
Janning: Als Rohstoff wird ein medical-grade PCL-Granulat verwendet, welches verflüssigt wird und in einem innovativen, eigens entwickelten 3D-Druck-System zu Scaffold-Strukturen gedruckt wird. Eine optische Inline-Qualitätskontrolle überwacht dabei permanent den Druckprozess und greift bei Druckfehlern direkt ein.
Welche besonderen Herausforderungen bereitet die Entwicklung einer Anlage, die zur Fertigung medizinischer Produkte geeignet sein soll?
Janning: Grundsätzlich muss gewährleistet sein, dass der vollautomatisierte Produktionsprozess in der Anlage dem manuellen Produktionsprozess in keinem Punkt unterlegen ist. Es muss also von A bis Z nachgewiesen werden können, dass die einzelnen Prozesse in der Anlage die Qualität des Produkts nicht negativ beeinflussen. Unser Anspruch fordert natürlich, dass die Anlage mit deutlich höherer Qualität, höherem Durchsatz und geringerem Ausschuss produziert. Die Beachtung der GMP-Richtlinien bei der Entwicklung der Anlage stellt dies sicher. Besonders bei Medizinprodukten sind die Ansprüche an die Qualität von größter Wichtigkeit. Demnach ist es erforderlich, auch bei der Auslegung der Produktionsprozesse die MDR- und FDA-Medizinprodukteverordnungen sowie entsprechende Normen zu beachten.
Was glauben Sie, wie Polymere in Zukunft zum Wohle der menschlichen Gesundheit weiterentwickelt werden können?
Janning: Es steht außer Frage, dass Polymere in der Medizin eine extrem wichtige Rolle spielen und für zahllose Anwendungen unersetzlich sind. Vor allem durch die enorme Vielfalt an Polymeren und der Möglichkeit von deren Kombination lassen sich für viele Anwendungen ideale Materialeigenschaften erzeugen. Nichtsdestotrotz stößt man auch mit modernsten Polymeren irgendwann an Grenzen. Auch bei sehr guten biokompatiblen Eigenschaften lassen sich negative Fremdkörperreaktionen oft nicht vermeiden. Gerade im Bereich der Implantologie ist maximale Biokompatibilität notwendig. Um dem entgegen zu kommen, wird intensive Forschung betrieben, wie zum Beispiel in den Bereichen: Biohybride Materialien, Resorbierbare Materialien und Oberflächenmodifikation. Wenn es hier gelingt neue Polymere mit fortgeschritteneren Eigenschaften zu etablieren, würde dies die Entwicklung innovativer Medizinprodukte mit Sicherheit fördern und der Gesundheitsversorgung zugutekommen.