Welche Technologien ermöglichen solch einfache Demontagen?
Wir haben mit unseren Partnern eine Konstruktionslösung gewählt, bei der Plattform und Sitzstruktur aus großen Profilen und Knotenelementen mit komplexer Geometrie bestehen. Hergestellt werden diese Profile mittels Pultrusion oder Strangziehen. Damit lassen sich besonders langlebige Fahrzeugstrukturen aus Faserverbunden wirtschaftlich fertigen. Für dieses Verfahren besitzt das Fraunhofer IWU eine ausgewiesene Expertise. Ein weiteres Thema sind die Fügetechnologien. Faserverstärkte Kunststoffe werden meist geklebt.
Beim Trennen geklebter Bauteile kommt es mit herkömmlichen Methoden fast immer zu Beschädigungen. Wie funktionieren Ihre leicht lösbaren Klebeverbindungen?
Technisch gesprochen, mischen wir dem Klebstoff thermisch expandierbare Partikel bei. Wird Wärme zugeführt, erweitern sich die Partikel um ein Vielfaches ihrer Größe. Dadurch wird die Klebestelle geschwächt, es entstehen Risse im Kleber und die Bauteile lassen sich einfach voneinander lösen. Sozusagen ›auf Knopfdruck‹ trennen kann man sie, wenn in den Kleber zusätzlich feines Eisenpulver eingemischt und dieses durch Induktion aktiviert wird. Auch mittels Heizdraht ist eine schnelle Lösung der Klebschicht möglich. Nach dem Trennen können die Klebstoffreste beispielsweise per Laser oder mittels Fräsen entfernt und die Komponenten erneut geklebt werden.
Weshalb haben Sie eine E-Fahrzeug-Plattform gewählt, um den zirkulären Einsatz von Faserverbund-Komponenten zu demonstrieren?
Diese sogenannten Komposite-Bauteile finden vor allem im Mobilitätsbereich Anwendung. Dank ihres geringen Gewichts und ihrer Korrosionsbeständigkeit werden sie für den Markt der Elektromobilität immer interessanter, nicht zuletzt getrieben durch Startups in diesem Segment. Darüber hinaus sehen wir Chancen für das Entstehen neuer Geschäftsmodelle in der Automobilwirtschaft. Für das Demontieren, Prüfen und Aufarbeiten von Faserverbundbauteilen wird ein neuer Markt heranwachsen.
Woher nehmen Sie die Gewissheit, dass Komposite-Bauteile bis zu 30 Jahre genutzt werden können?
Wir haben mittels thermischer Alterungsverfahren Erkenntnisse gewonnen, die den Schluss erlauben, dass eine bis zu 30-jährige Nutzung möglich ist. Was wir jedoch nicht beeinflussen können, sind eventuelle Beschädigungen an Bauteilen, die etwa mit der Fahrzeugnutzung zusammenhängen. Deswegen ist die einfache Prüfung der Teile vor dem Wiedereinsatz noch eine Herausforderung. Mit dem Zeithorizont von mehreren Jahrzehnten wird die Verwendung von Komposite-Komponenten auch unter wirtschaftlichen Aspekten günstig. Bereits nach einer Wiederverwendung erreicht man Kostenvorteile gegenüber klassischen Metallteilen.