Chris:
Der Markt für Wearables wächst stetig, womit sich auch mehr Möglichkeiten zur Selbstdiagnose und Selbstbehandlung ergeben.
Sean:
Ich würde das bejahen, aber lassen Sie uns auch klar erkennen, dass wir hier erst am Anfang der Reise stehen. Wenn wir uns der Prävention und Gesundheitsförderung widmen wollen, bedarf es mehr als nur Schritte zählen. Natürlich bringt ein Schrittzähler bereits gesundheitliche Vorteile, da er Menschen zu mehr Bewegung animiert. Wenn wir jedoch wirklich frühzeitige Anzeichen einer Krankheit erkennen möchten, brauchen wir mehr. Wir müssen untersuchen, wie diese Daten helfen können, ein potenzielles Gesundheitsproblem zu erkennen. Wenn wir Dinge messen können, wie beispielsweise die Geschwindigkeit, mit der eine Person aus dem Bett steigt, die Geschwindigkeit, mit der man sich aufrichtet, die Geschwindigkeit, mit der man sich von Punkt A nach Punkt B bewegt, und diese Daten dann über einen bestimmten Zeitraum hinweg analysieren, können wir viel aussagekräftigere Erkenntnisse gewinnen. Diese Einblicke in die Zukunft können eventuell chronische Krankheiten vorhersagen, die von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zu kognitiven Störungen reichen. Wenn wir diese Frühwarnsignale erfassen und in medizinische Systeme einspeisen können, könnten Ärzte viel früher eine Diagnose erstellen und Therapien beginnen, was letztendlich dazu beiträgt, den Erfolg von Behandlungen zu verbessern und bessere Patientenergebnisse erzielen kann.
Chris:
Aber solche Erlebnisse haben doch eigentlich mehr mit der emotionalen Wirkung von Materialien und dem Lebensstil zu tun – Menschen kaufen Smartwatches nicht unbedingt, weil sie gesund sein wollen, sondern weil es ein cooles Produkt ist, ein schickes Lifestyle-Accessoire. Für mich fühlt sich das eher wie ein neuer Trend an, der in gewisser Weise so etwas wie einer Sonnenbrille oder einer verschreibungspflichtigen Brille ähnelt, dabei also eher ein Modeaccessoire als ein medizintechnisches Produkt ist.
Glauben Sie also, dass diese Art der Patientenüberwachung mit Wearables in Bezug auf Materialien ein wachsender Markt mit Potenzial ist, obwohl das Gerät eher in Richtung Trend und Mode geht?
Sean:
Es gibt ganz offensichtlich einen Lifestyle-Zusammenhang in diesem Umfeld. Die Aspekte der Mode und Begehrtheit können jedoch dazu beitragen, die Akzeptanz in hohem Maße zu fördern, wie wir das bereits bei der Apple Watch beobachten. Wenn die Menschen diese Gadgets dann instinktiv jeden Tag tragen, können wir eine viel ganzheitlichere Sichtweise auf ihre Aktivitäten und ihre Gesundheit erhalten, aber im Kontext dessen, wo sie sich befanden und was sie genau taten. Dies ist eine viel umfassendere Ansicht, als man sie beispielsweise erhält, wenn die Person beim Kardiologen sitzt und mit einem EKG-Gerät verbunden wird. Ich denke, daraus ergeben sich echte gesundheitliche Vorteile, und dabei stehen wir erst am Anfang dieser Reise. Außerdem geht es hier nicht immer nur um Menschen mit schwerer Krankheit, sondern auch darum, die Gesundheit und Fitness zu optimieren und so die eigene Leistung, Fokus, und Produktivität zu steigern. All das kann durch den Zugriff auf diese Daten unterstützt werden.
Ich bin zurzeit beruflich viel in Japan unterwegs. Das Land hat eine alternde Bevölkerung und damit ein großes Problem. Dieses Phänomen sehen wir natürlich auch in anderen Märkten und in anderen Ländern, aber in Japan ist diese Überalterung der Gesellschaft weiter fortgeschritten. Außerdem gibt es dort auch das Stigma, nicht als gebrechlich und älter wahrgenommen werden zu wollen und nicht als jemand, der etwa Hilfe benötigt.
Wenn die Menschen dort also eine Atemwegserkrankung haben und zusätzlichen Sauerstoff benötigen, möchten sie sich nicht der Gefahr von Stigmatisierung aussetzen, die mit einer deutlich sichtbaren nasalen Kanüle einhergeht, da diese auf ein medizintechnisches Gerät hindeutet und entsprechend unattraktiv aussieht. Die Japaner kümmern sich sehr um das Aussehen. Was wäre also, wenn man das Ganze in einer modischen Sonnenbrille integrieren könnte? Wie Sie bereits erwähnt haben, wurde das Tragen einer Brille in den 1950er und 60er Jahren nicht als cool angesehen, aber heute wird Augenschutz nicht nur wegen seine Korrektionsfunktion geschätzt, sondern auch als Modeaccessoire anerkannt. Wir können eine Kanüle entstigmatisieren, indem wir sie zu einem modischen Statement machen und dabei Materialien einsetzen, die diesen Aspekt auch noch unterlegen. Das Gleiche gilt für Hilfsmittel wie Hörgeräte. Hersteller von Hörgeräten verkleinern die Geräte fortwährend, sodass sie heutzutage nahezu unsichtbar werden. Was wäre, wenn man in die andere Richtung geht und sie zum modischen Schmuckstück am Ohr macht? Es sind diese Art von Einsichten und Ideen, die wir ebenfalls weiter erforschen möchten.