Kick it like PU – Kunststoffe im Sport

Lederbälle, Holzschläger, Bambusstäbe oder Aschebahnen kann sich heute niemand mehr im sportlichen Wettkampf vorstellen. Die Naturmaterialien wurden mittlerweile nahezu vollständig durch andere Materialien ersetzt: Kunststoffe. Sie sind leicht, robust und höchst funktional. Dank intensiver Forschung werden sie außerdem immer leistungsfähiger – und führen schließlich zu neuen Weltrekorden.

Sport und Kunststoff sind heute untrennbar miteinander verknüpft. Aber das war nicht immer so: Billardkugeln wurden früher aus Elfenbein gefertigt. Um den Bedarf zu decken, wurden jährlich etwa 120.000 Elefanten getötet. 1863 schrieb Michael Phelan dann einen Preis in Höhe von 10.000 $ für eine Alternative zu Elfenbein aus. Wenige Jahre später entwickelte John Wesley Hyatt daraufhin einen der ersten Kunststoffe: Zelluloid. Billardkugeln wurden zwar nie daraus gefertigt, sondern aus Phenolharz, dafür aber Tischtennisbälle.

Auch als Kunststoffe längst den Weg in unseren Alltag gefunden haben, waren sie im Sport noch lange nicht gang und gäbe. In den 1980er-Jahren war der Schwede Björn Borg mit seinem Holzschläger mit Saiten aus Naturdarm noch ein Ass auf dem Tennisplatz. Heutige Tennisschläger bestehen aus kohlefaserverstärkten Kunststoffen (CFK). Sie sind leichter, wendiger und zugleich robuster als ihre Vorgänger – und mit dafür verantwortlich, dass der Aufschlag eines heutigen Tennisprofis um etwa 28 km/h schneller ist als der eines damaligen. Der schnellste gemessene Aufschlag gelang im Mai 2021 dem Australier Sam Groth und betrug 263 km/h.

Viele sportliche Weltrekorde wären ohne Kunststoff gar nicht möglich gewesen. Bei den Olympischen Spielen 1952 übersprang der Amerikaner Bob Richards mit einem Bambusstab 4,55 Meter. 2021 erreichte der Schwede Armand Duplantis über 6 Meter – mit einem Stab aus CFK. Ebenfalls bei Olympia 1952 flog ein Holzspeer 73,78 Meter weit, womit der Amerikaner Cy Young eine Goldmedaille gewann. Heutige Weltrekorde liegen bei knapp unter 100 Metern – aufgestellt mit Speeren aus glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK).

Ein berühmtes Beispiel für ein Sportgerät aus Kunststoff ist der Fußball. Früher wurde noch mit einem Ball aus zusammengenähten Lederwaben gefüllt mit einer Gummiblase gespielt. Das ist heute kaum mehr denkbar. Für einen fairen Wettkampf ist es wichtig, dass der Ball kein Regenwasser aufsaugt und sich nach einem Schuss wieder in seine ursprüngliche Form zurückbildet, was eine präzise Flugbahn ermöglicht. Das wird dank Polyurethan (PU) erreicht, dem Material, aus dem offizielle Spielbälle heute gefertigt sind. Genäht wird meist auch nichts mehr, sondern im Spezialverfahren Thermal Bonding heiß verklebt. Das macht den Ball nicht nur haltbar, sondern auch höchst symmetrisch.

Auch im Wassersport wurden Naturmaterialien mittlerweile durch Kunststoff ersetzt. Segelyachten bestehen heute größtenteils aus CFK oder GFK. Die Hüllen der Yachten können so besonders leicht und gleichzeitig robust gefertigt werden. Spezielle Antifouling-Folien aus Silikon schützen den Rumpf vor Algen- und Muschelbelag.

Im Schwimmbecken ist das Material – zusätzlich zum Kontakt mit Wasser – lange Zeit Chlor ausgesetzt. Kunststoffe wie das Copolymer Polystone von Röchling halten nicht nur dem langfristig stand, sondern lassen sich auch leicht reinigen und sind UV-beständig.

Sportlerinnen und Sportler sind heute nahezu von Kopf bis Fuß in Kunststoff gekleidet. Denn Funktionskleidung aus Kunststoff erfüllt eine elementare Anforderung: Sie ist wärmend in der Kälte und kühlend in der Hitze. Zudem sorgen die atmungsaktiven, leichten Kunststofffasern dafür, dass Schweiß nicht aufgesaugt, sondern nach außen abgegeben wird. Auch Reibung wird dank Funktionskleidung verringert. Sie liegt wie eine zweite Haut am Körper und schenkt damit optimale Bewegungsfreiheit.

Bei Wintersportlerinnen und -sportlern steckt auch der Kopf in Kunststoff: Profihelme bestehen außen meist aus dem sehr leichten Werkstoff Carbon. Im Inneren kommt expandiertes Polystrol (EPS), zum Beispiel Styropor, zum Einsatz. Dieser kann sich im Falle eines Sturzes verformen und die die Aufschlagkräfte kompensieren.

Sportschuhe enthalten heute kaum noch Naturfasern oder Leder. Obermaterialien, Sohlen, Einlagen – alle Komponenten eines Sportschuhs müssen leicht, strapazierfähig und leistungsfähig sein. Kunststoffe erfüllen alle diese Anforderungen. Für festen Halt sorgt die Silica-Technologie, die auch Autoreifen zu mehr Haftung verhilft. Und dank der dämpfenden Eigenschaften bestimmter Kautschuke werden die Gelenke entlastet und geschont.

Ständig wird an neuen Kunststoffen und Technologien geforscht, um den Trägerinnen und Trägern der Schuhe noch mehr Komfort und Leistungsfähigkeit zu ermöglichen. BASF hat einen Schaumstoff entwickelt, der aus einem neuen expandierten, thermoplastischen Polyurethan (E-TPU) besteht. Infinergy ist laut Hersteller elastisch wie Gummi, aber federnd leicht. Das Material kommt im adidas Boost zur Anwendung. Die Zwischensohle des Laufschuhs besteht aus 2.500 E-TPU-Kapseln, die beim Laufen ähnlich wie Maiskörner aufpoppen und ihr Volumen verzehnfachen. Mithilfe dieser Technologie erhält die Läuferin oder der Läufer einen Energierückgewinn und damit einen Schub.

Bei den Neuentwicklungen spielt auch das Thema Nachhaltigkeit eine Rolle. So hat beispielsweise Adidas fast ein Jahrzehnt lang geforscht, um mit dem UltraBoost DNA Loop schließlich einen Laufschuh auf den Markt zu bringen, der erstmals komplett recycelbar ist – getreu dem Motto "Made to be remade". Er besteht – von der Sohle bis zum Schnürsenkel – komplett aus TPU. Übrigens: Auch bei diesem Modell kommt das Material Infinergy von BASF zum Einsatz.

Die Liste an Sportausrüstung aus Kunststoff ist natürlich noch weitaus länger. Ob beim Tennis, Fußball, Wassersport oder in der Leichtathletik – die heutige Sportausrüstung hat mit der damaligen nur noch wenig gemein. Schläger, Bälle, Kleidung und Co. werden dank Kunststoffe leichter, flexibler und zugleich robuster. Dadurch werden die Leistung und der Komfort der Sportlerinnen und Sportler gesteigert. Kunststoffe haben heutige Weltrekorde erst möglich gemacht.

Oder wie der deutsche 400-Meter-Hürdenläufer Harald Schmid treffend zusammenfasst: "Kunststoffe haben den Sport revolutioniert!"