Zirkuläre Kleidung – Recycling von polyesterhaltigen Textilien

Die Gesamtökobilanz von Polyester ist besser als die von Naturfasern wie Baumwolle. Dennoch haben polyesterhaltige Textilien keinen guten Ruf. In der Kritik steht heute vor allem eine Eigenschaft des Materials: Es zersetzt sich nicht natürlich. Umso wichtiger sind eine funktionierende Sammlung und ein hochwertiges Recycling solcher Textilien. Eine Kreislauflaufwirtschaft von Polyester gibt es heute aber noch nicht.

Im Interview mit dem K-MAG spricht Carsten Eichert über die Herausforderungen beim Recycling von polyesterhaltigen Textilien, die neue revolPET® Technologie sowie deren Beitrag zum Klimaschutz.

Herr Eichert, bislang werden Textilien nicht recycelt – zumindest nicht hochwertig. Woran liegt das?

Carsten Eichert: Textilien bestehen in der Regel aus einer Vielzahl von Materialien. Auch ein Shirt aus 100% Baumwolle ist in der Regel mit einem Nylonfaden genäht. Darüber hinaus werden unterschiedliche Farben, Zuschlags- und Ausrüstungsstoffe eingesetzt, die ein werkstoffliches Recycling, also ein mechanisches Recycling unmöglich machen. Besonders im post-consumer Abfallstrom findet sich ein absolut heterogener Mix aus Materialien, der sich mit den existierenden Sortiertechniken (fast ausschließlich manuelle Sortierung!) nicht derart sortenrein trennen lässt, dass ein mechanisches Recycling möglich wäre.

Das mechanische Recycling ist auf sehr saubere Input-Ströme angewiesen, wie sie zum Beispiel beim PET-Flaschenrecycling vorliegen. Dies kann die Textilindustrie nicht bieten. Daher scheidet diese Recyclingart weitgehend aus, insbesondere dann, wenn ein größerer Anteil an synthetischen Fasern dabei ist. Bei reinen Baumwollprodukte ist mittlerweile ein Recycling möglich, jedoch auch unter strengen Qualitätsanforderungen an die Zulieferindustrie.

Sie haben nun ein Verfahren entwickelt, mit dem sich polyesterhaltige Mischmaterialen recyceln lassen. Wie funktioniert das Verfahren?

Eichert: Unser revolPET® Verfahren basiert auf einer einfachen chemischen Reaktion: der Reaktion des Polyester-Polymers mit einem Metallhydroxyd. Durch diese Reaktion wird das Polyester-Polymer gespalten in ein Monoethylenglykol und ein Metallterephthalat. Das Polyester-Polymer wird depolymerisiert. Beide gewonnenen Produkte sind Grundchemikalien, die für die Produktion von neuem Polyester benötigt werden. Die Reaktion des Polyesters mit dem Metallhydroxyd ist in verschiedenen Patenten und Veröffentlichungen beschrieben, also nichts Neues. Unsere Innovation besteht darin, dass wir diese Reaktion in einen kontinuierlichen Prozess integrieren konnten. Damit realisieren wir Vorteile in der Prozessführung als auch hinsichtlich der Effizienz.

Worin bestand bei der Entwicklung insbesondere die Herausforderung?

Eichert: Die besondere Herausforderung bestand in der Identifikation des Technologieansatzes für die kontinuierliche Depolymerisation, um so die Option von Skaleneffekten zu ermöglichen.

Erst durch die Skaleneffekte, also die Reduktion der relativen Kosten pro Zieleinheit durch Vergrößerung beispielsweise des Durchsatzes, wird es realistisch, die Depolymerisation und damit das Recycling von Polyesterfasern wirtschaftlich zu realisieren. Die durch uns realisierte Depolymerisation in einem Extruder ermöglicht zudem eine direkte Nutzung von freiwerdender Reaktionsenergie. Diese Reaktionsenergie entsteht durch die Reaktion des Metallhydroxyds mit dem Polyestermolekül. In unserem revolPET® Verfahren lassen wir diese freiwerdende Energie nicht entweichen, sondern nutzen sie direkt im Reaktionsraum für die nachfolgenden Reaktionen. So wird unser Verfahren ausgesprochen energieeffizient und damit auch ökologisch vorteilhaft.

Welches Potenzial hat diese Technologie? Wo kann es in Zukunft eingesetzt werden?

Eichert: Die revolPET® Technologie kann unterschiedliche Inputströme verarbeiten. Es kann auch ein Mix aus verschiedenen PET/Polyester-Produkten sein, der zur Depolymerisation des Polyesters gebracht werden soll. Die Reaktion ist eine streng selektive Reaktion, was bedeutet, dass die Nicht-Polyester-Anteile im Inputstrom nicht oder nur sehr wenig reagieren und nach dem Depolymerisationsschritt als Feststoff vorliegen. Dies ermöglicht eine einfache und gute Trennung mit dem Ergebnis, dass andere Materialien des Inputmixes, zum Beispiel Baumwollfasern, isoliert und zu einer weiteren Verwertung verbracht werden können.

Eingesetzt werden soll unsere Technologie global. Überall dort, wo PET- oder Polyesterabfall anfällt, kann auch eine revolPET® Anlage stehen. Durch vorteilhafte Prozessparameter sind auch keine sehr großen Kapazitäten notwendig, um die Technologie profitabel zu betreiben. Ab einer Jahreskapazität von circa 15kt/a kann von einem wirtschaftlichen Betrieb ausgegangen werden. Eine Voraussetzung ist, dass mindestens 75% des Inputstroms Polyester oder PET sind.

Inwiefern tragen Sie damit zum Klimaschutz bei?

Eichert: Die Produktion neuer Polyester und damit auch ihrer Grundchemikalien, die wir mit unserer Technologie herstellen, erfolgt derzeit aus fossilen Rohstoffen. Die Produktion einer Tonne Terephthalsäure verursacht 1,8t CO2-Äquivalente. Die revolPET® Technologie erzeugt diese mit nur 0,7t CO2-Äquivanten. Darüber hinaus erhalten wir den Rohstoff, der wieder für neue Produkte eingesetzt werden kann. Das Recycling von PET mit dieser Technologie kann beliebig oft wiederholt werden. So realisieren wir vollständige Zirkularität von Polyester.

Die vollständige Substitution von fossil-basierten Grundstoffen durch recycelte Grundstoffe beziehungsweise Sekundärrohstoffe ist an sich schon klimaschonend. Durch die Einsparung von Energie und damit reduzierten CO2-Emissionen gegenüber der rohölbasierten Produktionsroute trägt unser Verfahren zum Klimaschutz bei. Die Ergebnisse sind durch eine LCA der TU Braunschweig nach strengen wissenschaftlichen Kriterien bestätigt.

Sie haben auch als Aussteller an der K 2022 teilgenommen. Wie lief die Messe für Sie?

Eichert: Die Rückmeldungen und das Interesse an unserer Technologie bei der K 2022 haben uns hinsichtlich unserer Anstrengungen bestätigt. Wir hatten sehr guten Zuspruch und viel internationales Interesse an unserer revolPET® Technologie. Nun gilt es, die gewonnenen Kontakte in mögliche Geschäftsbeziehungen umzusetzen. Die Arbeit hat nach der Messe begonnen. Unser Fazit nach 8 Tagen Messe: Wir kommen wieder!